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Donnerstag, 1. März 2018

Eisklettern im Weisstannental

Das war wieder ein Eiswinter... kalt bereits im Dezember, aber nachdem das Eis bis Weihnachten schön aufgebaut hatte, ging mit einer Wärmeperiode alles den Bach runter. Vom rekordwarmen Januar war nicht viel Eisiges zu erwarten. Erst Ende Februar kam endlich eine richtige Kälteperiode, welche auch im Flachland durchgriff. Doch halt, nach 3 eisigen Tagen zeichnete sich bereits die nächste Föhnphase mit Regen bis auf 1500m hinauf ab. Somit blieb nur ein kleines Zeitfenster, um das Eis in tieferen Lagen zu nutzen.

Hier geht's lang! Das ist Nr. 19, wobei die einfachste Linie links viel zu feucht war und wir deshalb rechts in steilerem Gelände geklettert sind.
Wir zielen auf die Ostschweiz, schon lange wäre ich gerne einmal eine Route in der Taminaschlucht angegangen. Doch da sind die Verhältnisse leider noch zu mager, warum auch immer. Im Seeztal sieht's deutlich besser aus. Der Milchbach steht wieder einmal, im Pflästertobel wäre es vermutlich gegangen und der Hagerbach erhielt am selben Tag seine mutmassliche Erstbegehung. Zu blöd, dass wir erst nachmittags ans Werk können, wo die Sonne bereits heftig die südlich ausgerichteten Felswände bescheint. So bleibt uns schliesslich als beste Alternative ein Ausflug ins Weisstannental, was ja durchaus eine spannende Sache ist, schliesslich kann man hier mit kurzem Zustieg viele lässige Touren angehen.

Hier im Taminatal wären wir gerne geklettert. Naja, not really this  time.
Vor Ort zeigt sich dann, dass in allen gängigen und weniger gängigen Linien Eis vorhanden ist. Genaueres Hinsehen zeigt, dass das Eis in allen steileren Abschnitten wohl noch meist röhrig und grümschelig ist. Es ist halt bei viel Kälte sehr schnell gewachsen und es braucht einfach seine Zeit, bis es kompakt und gut begehbar wird. Ein weiteres Hindernis stellt zudem der Bach dar, welcher viel Wasser führt und noch beinahe gar nicht gefroren ist. So entscheiden wir uns schliesslich vorerst einmal für die Nr. 19 aus dem Hot Ice. Ein paar überfrorene Steine und eine möglicherweise tragende Eisdecke in den Randbereichen liess uns hoffen, trockenen Fusses am Einstieg anzukommen. Dies materialisierte sich wie die Fotos zeigen leider nicht so ganz - erstaunlich jedoch auch, wie es sich dank dichten Schuhen und Gore-Tex-Hosen selbst nach einer solchen Schwimmpartie noch ohne allzu viel 'Discomfort' bis zum Eindunkeln klettern liess.

Vor der ersten Crux des Tages. Der Fluss ist schon gut knietief.
Was gut beginnt...

...endet schlussendlich doch böse mit einem Manöver, das beinahe an Brustschwumm erinnert. Auf einmal gab das Eis nach und dann gab's keine Rettung mehr. Man würde es aufgrund von diesem Foto kaum glauben, aber ich konnte danach ohne allzu viel Discomfort klettern. Dank wasserdichten Schuhen und Gore-Tex darüber lief nicht alles gleich voll. 
Aus der Nähe zeigte sich dann, dass in der Mitte des Falles noch so viel Wasser floss, dass eine Begehung wenig spassig gewesen wäre. Somit fiel die einfachste Linie als Option aus und wir kletterten schliesslich am rechten Rand (d.h. orografisch links) eine steile und trockene Variante. Das war durchaus spannend, auch weil es da steiler war. Mit 2 schönen, anhaltenden Seillängen (ca. 80m) im Bereich WI3+ gelangten wir zu einer Verengung. Oberhalb warteten nochmals 40m in kompaktem, geneigtem Eis (WI2) und weitere 60m in einfachem Eis (WI1) und Gehgelände hinauf zur Waldstrasse, welche einen bequemen, zügigen Abstieg vermittelt. Dort trafen wir noch auf die spärlichen Überreste einer Gämse, von welcher nur gerade noch Haut, Haare und ein paar unverdauliche Knochen übrig blieben. Fuchs, Wolf oder Luchs, wer hier wohl am Werke war?

Ausblick auf unsere dritte Seillänge, welche sich im WI2-Bereich abspielt.

Schönes Ambiente und prima Eiskletterei in L1 (WI3+).

Makaber?!? Ich meine eher, der Kreis des Lebens. Nicht jedes Wesen lebt so verschwenderisch wie der Mensch.
Es blieb noch etwas Tageslicht übrig, so gingen wir im Anschluss noch die Nr. 8 aus dem Hot Ice an. Hier kann man von der Strasse einqueren, d.h. die Bachüberquerung entfällt, auf ein zweites Bad hatten wir nämlich wenig Lust. Die gemäss Topo erste Seillänge (WI2) war leichte Beute und problemlos, sprich eher einfacher. Danach warten sehr schöne, knappe 60m im Bereich WI4 - erneut eine richtige Genusskletterei. Auch hier gab's je nach Routenwahl ein bisschen von allem - hartes sprödes Eis, Vollwaschgang, röhriges Zeug, ideales Safteis. In Summe aber gut abzusichern und mit etwas Voraussicht auch prima zu beklettern. Ein kurzer Aufstieg über Waldboden oder einfaches Eis führt wieder zur Waldstrasse hinauf. Bis wir abgestiegen waren, war es bereits dunkel. Wir waren sehr gut auf unsere Kosten gekommen und verzichteten daher auf eine weitere Route im Stirnlampenschein (vor allem weil zuhause noch andere Aufgaben auf uns warteten). Während das Thermometer vor Ort noch -6 Grad anzeigte, herrschten unten im Raum Sargans bereits Plustemperaturen - da hatte der Föhn bereits seine Finger im Spiel. Somit ist's mit der Eis-Herrlichkeit in dieser Region wohl schon wieder vorbei, bevor es richtig angefangen hat. Schade, solche Ausflüge würde ich gerne noch ein paar weitere geniessen!

Ausblick auf die 60m der Nr. 8 (WI4), welcher aus dieser Perspektive arg verkürzt und verflacht aussieht.

Facts

Weisstannental Schmonawald - Nr. 19 (D- II WI3+) - 4 SL, 180m - ***
Material: 1x50m-Seil, 10-12 Eisschrauben

Genussvolle Kletterei mit Fussabstieg, welche auf der einfachsten Linie für WI3 zu haben ist. Auf den ersten 80m lässt sich auch eine steilere Linie im Bereich WI3+ finden, was je nach Verhältnissen oder persönlichem Gusto empfehlenswert sein kann. Es sind kaum objektive Gefahren vorhanden.

Weisstannental Schmonawald - Nr. 8 (D I WI4) - 2 SL, 90m - ***
Material: 1x50m-Seil, 8 Eisschrauben

Nach einem einfachen Zustieg wartet eine lässige, anhaltende Seillänge, bei guten Verhältnissen in kompaktem Eis, welche zwei Teilstücke aufweist, die an die Senkrechte heranreichen. Der Abstieg kann zu Fuss oder abseilend erfolgen (dann Doppelseil empfehlenswert). Kaum objektive Gefahren vorhanden.

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