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Sonntag, 19. Juni 2016

Update zur Routenübersicht Wendenstöcke

Schon seit einiger Zeit ist es meine Absicht, sämtliche der von mir bekletterten MSL-Routen auf der Fels-Seite dieses Blogs informativ zu dokumentieren. Da es sich dabei um Hunderte von Routen geht, handelt sich das um ein Langzeit-Projekt, das wohl erst in einiger Zukunft zur Vollendung kommt. Einiges ist schon da, heute ist im Angesicht vom Wetter, das höchstens zum Träumen von vergangenen und zukünftigen MSL-Routen einlädt, einmal der erste Teil der Wendenstock-Kette entstanden. Auch dabei handelt es sich bereits um 13 Routen, welche beschrieben werden. Weiter rechts am Massiv habe ich noch 15 weitere begangen, die irgendwann in der Zukunft auch aufgenommen werden. An dieser Stelle der Text als Duplikat...


Wendenstöcke

Die Wendenstöcke bilden eine rund 10km lange, generell nach SSE orientierte Kette im Gadmertal, auf der Westseite des Sustenpass. Vom Tällistock bis zum Titlis gibt es hier verschiedene Sektoren mit total rund 130 MSL-Routen. Das Herzstück bilden dabei die Routen an Pfaffenhuet, Gross Wendenstock und Reissend Nollen. Dies ist das Epizentrum des alpinsportlichen MSL-Kletterns in der Schweiz. Obwohl man in aller Regel nur im unteren Bereich dieser Berge klettert, so sind die Routen wegen Felsqualität, Nimbus und Anspruch sehr begehrt. Die Kletterei ist oft steil und athletisch, der Fels vielfach fest, optimal strukturiert und griffig. Da stört es dann auch nicht, dass man nach rund 10 SL am Ausstieg irgendwo im nirgendwo angekommen ist, d.h. an dem Punkt wo der feste Fels zugunsten von endlosem Schotter aufhört. Die Saison an den Wendestöcken erstreckt sich grob vom Juli bis in den Oktober hinein. Früh im Jahr stören oft Schmelzwasserstreifen aus den bis 3000m hohen Gipfelregionen und solange auf den Bändern weiter oben noch Schnee liegt, herrscht erhebliche Steinschlaggefahr. Im Hochsommer tritt ab der Mittagszeit (ausser an sehr stabilen Tagen mit tiefer Luftfeuchtigkeit) oft thermische, tiefbasige Quellbewölkung auf, welche die Wände in den kalten, gespentischen Wendennebel hüllt, der beim Klettern unangenehm ist. Die besten Bedingungen trifft man in der Regel im Herbst an, jedoch nur bis der erste Schnee fällt. Zu erwähnen ist die Absicherung: je nach Route schwankt diese zwischen gut bis Harakiri, fast überall ist sie jedoch knapp gehalten und erfordert einen beherzten Vorstieg, Plaisirrouten gibt es keine. Die Zustiege weisen inzwischen meist sichtbare Wegspuren auf und sind bei guten Bedingungen nicht allzu heikel. Trotzdem führen sie über weite Strecken durch steile Schrofen, die keine Fehler erlauben, es haben sich im Zustieg bereits tödliche Unfälle ereignet. Wer an den Wenden in ein Gewitter kommt, hat auf mehrere Arten ein Problem: in den oberen Wandbereichen können sich enorme Wassermassen sammeln, welche sich als gewaltige Sturzbäche über die Routen und Einstiegsbereiche ergiessen, zudem führen diese dann auch die Steine mit, welche in den oberen Wandbereichen so zahllos herumliegen. Und natürlich bekommt dann auch der Weg ins Tal über die nassen Schrofen eine ganz andere Dimension, als man ihn am morgen bei freundlichem Wetter im Aufstieg wahrgenommen hat.

Der zentrale Teil der Wendenkette mit Mähren, Pfaffenhuet und den Sektoren am Gross Wendenstock.

Tällistock (2580m)

Der dolomitisch anmutende Tällistock bildet mit seinen 2580m Gipfelhöhe den westlichen Eckpfeiler des Massivs. Er ist etwas tiefer gelegen und die Routen führen bis zum Gipfelgrat (aber nicht dem Gipfel selber) hinauf, so dass man hier nach sommerlichen und herbstlichen Kaltfronten schneller wieder auf gute Bedingungen trifft als in den anderen Sektoren. Nichtsdestotrotz, auch dies ist ein alpines, nicht zu unterschätzendes Kletterziel mit steilem Zustieg und einem langen, nichttrivialen Fussabstieg. Begehrt ist am Tällistock vor allem die eindrückliche, klassische Inwyler/Bielmeier (6a+). Die alpinen Sportklettertouren neueren Datums werden hingegen nur selten wiederholt. Das liegt vor allem daran, dass die Wände am Tällistock etwas weniger kompakt sind und die Felsqualität hier durchaus einen Tick schlechter ist wie in den zentralen Sektoren. Deswegen gehen weniger Leute hin, daher weiss und hört man nur wenig über diese Touren, was auch keine Besucher anzieht. Irgendwie ein Teufelskreis... wer ihn durchbricht, findet jedoch sicher auch hier schöne und lohnende Klettermeter. Ausser für die Inwyler/Bielmeier kann ich jedoch derzeit auch keinen Beitrag leisten, motiviert dies zu ändern bin ich aber jederzeit!

Der dolomitisch anmutendende Tällistock mit seiner steilen, nach SSE exponierten und rund 400m hohen Wand.

Tällistock - Inwyler/Bielmeier 6a+ (6a obl.) - 14 SL, 450m - Inwyler/Bielmeier 1960 - ****;xxx
Material: 2x (evtl. 1x bei Nordabstieg) 50m-Seil, 12 Express, Camalots 0.3-2, evtl. Keile
Links: Blog, Bericht, Topo

Toller Alpinkletterklassiker durch die steile, dolomitisch anmutende SE-Wand am Tällistock. Die wirklich kühne Leistung der Erstbegeher soll hier gewürdigt sein! Auch nach heutigen Massstäben ist die Kletterei durch Risse und Verschneidungen, über Tropflochplatten, Wasserrillen und henklige Dächer wirklich sehr lohnend. Der Fels ist meist vorzüglich und bestens strukturiert. Die Absicherung liegt für meinen Geschmack im grünen Bereich. Die Stände sind mit Muniringen saniert, meist steckt auch unterwegs der eine oder andere BH an strategisch günstiger Stelle, und etliche NH sind auch noch vorhanden. Punktuell will noch die eine oder andere mobile Sicherung gelegt sein, allzu viel Eigeninitiative ist jedoch nicht gefragt, insbesondere nicht an den Schlüsselstellen. Stand: September 2014.


Mähren (2970m)

Die gewaltige Felsmauer des Mähren wird nur relativ selten beklettert. Das liegt zu einem wesentlichen Teil daran, dass um viele der Routen an diesem Berg Geheimniskrämerei herrscht, d.h. dass leider nie Topos veröffentlicht wurden. Zugleich sind die meisten Routen lang, schwer oder nur spärlich abgesichert, oft treffen alle drei Dinge gleichzeitig zu. Nebenbei trifft man in den Routen der beiden Haupterschliesser Lechner und Pitelka nicht selten auch nur auf vergammelte Schlingen in gebohrten Sanduhren anstelle von soliden Bohrhaken, schade! Wegen der wenigen Besucher findet man auch im Netz nur wenige Informationen, dazu ist auch der Zustieg noch weglos und ohne genaue Infos einfach mal ins Blaue zu klettern ist ja oft auch nicht so prickelnd. Schade eigentlich, denn natürlich steht die Felsqualität am Mähren derjenigen in den Sektoren rechts daneben nur um wenig bis nichts nach.

Die gewaltige Felsbastion des Mähren vom weglosen, steilen Zustieg aus gesehen.
Mähren – No Name 7a+ (6b+ obl.) – Lechner/Pitelka 1990 – 11 SL, 350m - ***, xx
Material: 10 Express, 2x50m-Seile, Camalots 0.3-2, Cliff, Messer, Seilstücke für Sanduhren, evtl. Tibloc fürs Fixseil.
Links: Blog, Routenverlauf

Die „No Name“ bietet über weite Strecken tolle Kletterei in prima Wendengestein. Die Fixseilpassagen bzw. die Schrofenzonen sind wendenuntypisch, sind aber durchaus zu verkraften. Während die steilen, athletischen Passagen im unteren Teil gut abgesichert sind, warten oben dann weite Sicherungsabstände über den windigen, gebohrten Sanduhren, die eine gewisse Unerschrockenheit und Risikobereitschaft erfordern. Stand: Oktober 2011.

Mähren – AHV 6b (6b obl.) – Michal Pitelka – 2 SL, 100m - **, xxx
Material: 12 Express, 2x60m-Seile, Keile, Camalots 0.3-0.5
Links: Blog, Routenverlauf

Es handelt sich um eine durchaus lohnende Kurztour in gutem Fels. Natürlich entbehrt sie mit ihren 2 Seillängen am Fuss einer 700m-Wand vielerlei Logik, und kaum jemand wird den weiten Zustieg für eine solch kurze Kletterei in Kauf nehmen. Als Dessert oder Trostpflaster ist sie aber auf jeden Fall empfehlenswert. Die Absicherung ist trotz einigen Runouts vernünftig, v.a. in der zweiten Seillänge muss aber zwingend mobil ergänzt werden. Stand: Oktober 2011.


Pfaffenhuet (3007m)

Beim Pfaffenhuet (oder Pfaffenhüöt, wie in der neusten Schreibweise der Landeskarte im lokalen Dialekt) handelt es sich um den beliebtesten Sektor an den Wendenstöcken. Das liegt daran, dass der untere Wandteil bis aufs erste Band vorzüglichen, kletterfreundlichen Fels bietet. Gleichzeitig ist der Zustieg hierhin zwar immer noch steil, aber ohne grössere Gefahrenmomente und extrasteile Schrofenpassagen. Die Routen haben mit rund 10 SL eine ideale Länge und sind meist nicht ganz so verzweifelt schwer wie in den anderen Sektoren. Ebenso ist die Kletterei im Vergleich zu den benachbarten Bergen nicht ganz so steil, d.h. oft steilplattig und nur punktuell athletisch und überhängend. Das wesentlichste Argument ist aber sicherlich, dass der legendäre Kaspar Ochsner der Haupterschliesser an diesem Berg war. Er hat seine Routen zwar durchaus auch anspruchsvoll eingerichtet, sie sind aber gut eingebohrt, d.h. die Haken stecken in vernünftigen Abständen und vor allem auch an den richtigen und wichtigen Stellen - genussreiches, alpines Sportklettern für Fortgeschrittene also.

Die gewaltige Bastion des Pfaffenhuet an den Wendenstöcken.

Pfaffenhuet - Sonnenkönig 6c (6a+ obl.) - 11 SL, 325m - Kaspar & Ruth Ochsner 1990 - ***; xxx
Material: 2x50m-Seile, 10 Express, Camalots 0.3-2
Links: Topo im Schweiz Extrem West

Wie so manche Seilschaft erlebte ich anno 1997 in dieser Route meine Wenden-Première. Sehr schöne und beliebte Kletterei, vielfach plattig mit einer steil-griffigen Cruxlänge, die nach fantastischer Henkelkletterei an einen etwas abgelutschten Riss führt. Ambiente und Ausgesetztheit bieten (nur) einen Vorgeschmack auf das, was in den Nachbartouren wartet. Die Absicherung darf man in der Cruxlänge als gut bezeichnen, die Hauptschwierigkeit muss nicht zwingend geklettert werden. In allen anderen, einfacheren Längen muss man durchaus hier und da beherzt von den Haken wegsteigen, doch bevor man Stress oder graue Haare bekommt, ist der nächste Sicherungspunkt in aller Regel erreichbar. Achtung: eigentlich endet diese Route nicht am ersten Band, sondern führt weiter bis hinauf zum Gipfel. Dieser obere Abschnitt ist aber wohl deutlich alpiner und wird nur äusserst selten begangen - ich kenne niemanden, der sich je dort oben herumgetummelt hat. Stand: Juni 1997.


Pfaffenhuet - Passion 7a (6b obl.) - 9 SL, 330m - Kaspar Ochsner 1992 - ****;xxx
Material: 2x50m-Seile, 12 Express, Camalots 0.3-2, Keile nicht zwingend nötig
Links: Blog, Topo

Sehr schöne Steilplatten-Kletterei in gutem, rauem Wendenkalk, gehört insgesamt zu den zugänglicheren Routen an den Wendenstöcken. Athletische Stellen gibt es auch ein paar, aber doch seltener wie in vielen anderen Routen am Massiv und als in den Pfaffenhuet-Routen weiter rechts. Auch wenn häufig deutlich über die Sicherungen hinaus gestiegen werden muss und im leichteren Gelände teils grössere Abstände warten, darf man die Route als vernünftig oder gut abgesichert bezeichnen. Mit einem Satz von kleinen bis mittleren Cams kann man punktuell gut ergänzen, die Schlüsselstellen sind sowieso gut gebohrt und wie eigentlich immer bei Ochsner-Routen kann man sich darauf verlassen, dass die Haken am richtigen Ort stecken und dass man nach einem Runout nicht vor dem nächsten Klipp nicht noch irgendwelche Harakiri-Moves zum Anklettern des nächsten Bolts ausführen muss. Stand: August 2010.

Pfaffenhuet - No Name 6c+ (6c obl.) - 3 SL, 80m - Piola/Sprüngli 1992 - ***;xx
Material: 2x50m-Seile, 10 Express, Camalots 0.3-1
Links: -

Baseclimb, zu erkennen an den goldenen Simond-Plättli, das zwischen der Passion und der El Condor liegt. Es handelt sich eigentlich um ein abgebrochenes Projekt der Seilschaft Piola/Sprüngli, da sich die Fortsetzung der Route wegen einer Zone ungenügender Felsqualität nicht lohnt. Die eingerichteten 3 SL bieten jedoch prima Kletterei an wasserzerfressenem und strukturiertem Fels. Die Absicherung ist weitgehend gut (xxx) aber doch zwingend, an einer Stelle mit einem etwas heiklen Runout (xx) hätten die Erstbegeher wohl noch nachgebessert, wenn die Route ein Hit geworden wäre. Stand: September 2014.


Pfaffenhuet - El Condor Pasa 6c+ (6b obl.) - 11 SL, 320m - Kaspar & Ruth Ochsner 1991 - ****;xxx
Material: 2x50m-Seile, 10 Express, Camalots 0.3-2
Links: Blog, Topo im Schweiz Extrem West

Weniger häufig begangene, aber sehr lohnende, abwechslungsreiche Wendentour, insgesamt eine der leichteren Routen am Massiv. Nebst einer spektakulären, athletischen und gut gesicherten Cruxlänge meist Wandkletterei im Schwierigkeitsbereich 6a/6b an wasserzerfressenem Fels (unten) und Knobs (oben). Auch die einfacheren Seillängen empfand ich als echte Perlen. Während die athletische Cruxlänge und sämtliche Cruxen gut mit Bohrhaken gesichert sind, muss man sich im plattigen 6a-Gelände auch abseits und über den Haken zurechtfinden - mit der dort durchaus spärlich gehaltenen Absicherung werden die meisten nicht einfach durchmarschieren. Stand: Juli 2008.


Pfaffenhuet - Voie de Frère 6c+ (6b obl.) - 10 SL, 320m - Piola/Sprüngli 1991 - ****;xxx
Material: 2x50m-Seile, 12 Express, Camalots 1-3 (nur für die 1. Seillänge nötig!)
Links: Blog, Topo im Schweiz Extrem West

Beliebte Kletterei durch den zentralen Teil der Pfaffenhuet-Südwand, die man sich leider erst mit einer psychisch anspruchsvollen, (zu) knapp abgesicherten Wasserrillen-Einstiegslänge (6b) verdienen muss. Dort müssen zwingend einige semi-zuverlässige Friends in Löcher gelegt werden und ein unerschrockenes Gemüt ist von Vorteil. Danach folgt über mehrere SL griffige, athletische und fast klettergartenmässig gesicherte Kletterei, bevor dann zuletzt nochmals einige plattigere Passagen folgen. Hinweis: sämtliche Topos behandeln die allerletzte (zehnte) Seillänge (20m, 6b) links über den Wulst aufs Ringband hinauf stiefmütterlich - sie lohnt sich aber sehr und bietet gute Kletterei. Stand: September 2009.

Wendenkletterei der grandiosen Art in der ersten Seillänge der Route Inuit (6c+) am Pfaffenhuet.

Pfaffenhuet - Transocean 7b+ (7a+ obl.) - 6 SL, 230m - Ruhstaller/Rathmayr 2010 - ****; xxx
Material: 2x50m-Seile, 10 Express, evtl. Camalots 0.5-1
Links: Blog, Topo

Schöne, schwere und oft kratzige Kletterei zentral an der Südwand des Pfaffenhuet. Von psychsich herausfordender Plattenkletterei über Crimperei an kleinen, rauhen Strukturen zu athletisch-grossgriffigen Zonen wird ein bisschen alles geboten. Die Felsqualität ist praktisch durchgehend gut, ja teilweise sogar fantastisch. Zwei, drei etwas weniger schöne oder staubige Stellen sollen hier jedoch nicht unerwähnt bleiben, was sich mit weiteren Begehungen sicher noch verbessern wird. Die Absicherung kann man als vernünftig bezeichnen. Wirklich gefährlich ist es nirgendwo und an den schweren Stellen sind die Abstände nie extrem weit. Dennoch sind viele schwere Passagen absolut zwingend zu meistern, was der Sache doch einen reichlich sportlichen Anstrich gibt. Der obligatorische Grad von 7a+ passt und spricht alleine schon Bände. Klemmgeräte und -keile können eigentlich kaum wirkungsvoll eingesetzt werden, meines Erachtens kann man diese auch gleich daheim lassen. Besondere Würdigung verdient der Runout am Ende von L5, die 6-7 zwingenden Meter über die feinstrukturierte Platte im 7a-Bereich wird zumindest der Vorsteiger nicht so rasch vergessen, egal ob der Abflug passiert oder nicht... Stand: September 2014.


Pfaffenhuet - Patent Ochsner 7a (6c obl.) - 13 SL, 380m - Kaspar & Ruth Ochsner 1993 - *****;xxx
Material: 2x50m-Seile, 12 Express, Camalots 0.3-1.
Links: Topo im Schweiz Extrem West

Fantastische und direkte Kletterei zentral durch den rechten Teil der Pfaffenhuet-Südwand. Eine der besten und beliebesten Routen an den Wenden, was vor allem auch daran liegt, dass die Bohrhaken hier etwas enger stecken als in manch anderen Routen - nicht gerade wie im Klettergarten, aber längere Runouts im Stil der älteren Routen wie z.B. der Sternschnuppe gibt's hier deutlich weniger, Klemmgeräte kann man kaum zum Einsatz bringen. Die Kletterei beginnt in den ersten 3 Seillängen plattig, dann warten 5 steile, athletische und griffige Seillängen zum Wandbuch hinauf. Die letzten 5 einfacheren und nicht mehr ganz so steilen Längen aufs Ringband (welche nominell zur früher erschlossenen Sternschnuppe gehören) werden längst nicht von jeder Seilschaft begangen. Sie sind zwar nicht schlecht, können aber qualitativ nicht ganz mit dem Gebotenen bis zum Wandbuch mithalten. Stand: September 1997.


Pfaffenhuet - Sternschnuppe 6c+ (6c obl.) - 14 SL, 420m - Kaspar & Ruth Ochsner 1987 - *****;xx
Material: 2x50m-Seile, 10 Express, Camalots 0.3-1.
Links: Bericht, Topo im Schweiz Extrem West

Absolute Weltklasse-Tour mit genialer Kletterei in meist hervorragendem Fels, für mich eine der besten an den Wenden! Unten direkt durch das „graue Meer“, an den für den Pfaffenhuet typischen Löchern. Gegen oben athletischer werdend über den Steilriegel hinweg. Kein Wunder nennen die Italiener diese Route "Silbergeier dei poveri" (d.h. "Silbergeier für Normalos"), das finde ich hier absolut gerechtfertigt. Die Bolts stecken im Vergleich zu den anderen Routen am Berg eher spärlich, sind aber immer genau dort wo man sie am meisten braucht. Sich mehrere Meter über dem letzten Bolt den Weg durch den griffigsten Fels zu suchen, gehört hier zum Programm, was die Route aber auch so bemerkenswert macht. Zusätzlich abgesichert werden kann aufgrund der Felsstruktur nur selten, dennoch sollte man auf die empfohlenen Klemmgeräte nicht verzichten. Stand: Juli 2010.


Pfaffenhuet - Inuit 6c+ (6c+ obl.) - 13 SL, 420m - Kaspar & Ruth Ochsner 1986 - ****; xxx
Material: 2x50m-Seile, 12 Express, Camalots 0.3-2.
Links: Blog, Bericht, Topo im Schweiz Extrem West

Tolle Wendentour, die viel Abwechslung bietet. Durch die dem einfachsten Weg folgende Linienführung mit einigen Quergängen hat die Tour mehr alpines Flair als ihre Nachbarn. Die Tour ist weniger athletisch und weniger anhaltend wie z.B. die Voie de Frère oder Patent Ochsner. Immer wieder sind dafür eher weite Hakenabstände zu überwinden, d.h. die Bohrhaken sind klar spärlicher anzutreffen als in der Voie de Frère oder Patent Ochsner. Trotzdem würde ich die Route als gut abgesichert bezeichnen. Die Bolts sind optimal plaziert, so dass in den Schlüsselstellen immer einer in der Nähe ist, zudem steckt seit der Sanierung 2009 solides Inoxmaterial. Von der Kletterführerangabe mit 6b+ obligatorisch lasse man sich nicht blenden. Die Schwierigkeiten gehen gleich nach dem Einstieg los, wenn man mit den Füssen auf dem Silexeinschluss steht. Dann hilft der Haken etwas rechts auf Kniehöhe rein gar nichts mehr zur Fortbewegung. nach links oben Die Stelle ist gut abgesichert, aber zu 100% zwingend, deshalb ist für mich glasklar ein hartes 6c+ obligatorisch. Der Rest der Route ist dann in Bezug auf die Kletterschwierigkeiten deutlich leichter verdaulich. Stand: Oktober 2009.


Pfaffenhuet - Dragon 6c (6b obl.) - 7 SL, 280m - Y. & C. Remy 1988 - ***, xxx
Material: 12-14 (auch lange!) Express, Camalots 0.3-3, Keile 4-9
Links: Blog, Routenverlauf, Topo im Schweiz Extrem West

Abwechslungsreiche Route auf der rechten Seite des Pfaffenhuet. Sie bietet erst zwei anspruchsvolle Plattenlängen, dann 2.5 SL an einer einfacheren, etwas rustikalen Verschneidung, wo der Fels ok ist, aber nicht immer allerbeste Wendenqualität aufweist. Die 2.5 Abschlusslängen bieten dann steile, griffige Wandkletterei und sind wiederum prima. Die Route wurde von den Gebrüdern Remy selber im 2009 "saniert", wobei das Wort nicht wirklich passt: an einigen einfacheren Stellen wurden ein paar wenige Zusatzbolts gesetzt. An den Schlüsselstellen, wo schon früher BH waren, blieben Abstände und Material beim Alten. Somit stecken dort sowie an den Ständen noch die Haken von 1988. Ziemliche Mogelpackung also, das mit der Sanierung. Zudem: als Bewertung sähe ich jetzt 7a (6b+/6c obl.) als realistischer an. Immerhin merkt man gleich auf den ersten Metern, ob es passt oder nicht. Stand: September 2011.

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