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Samstag, 12. November 2011

Grindelboulder - ein Augenschein

Nach den heiss diskutierten Preiserhöhungen des Kletterzentrums Milandia/Gaswerk vom letzten Sommer, und einer von vielen Kletterern ausgesprochenen "Verzichtserklärung" auf weitere "Unterstützung" dieser Institution war eine alternative Trainingsmöglichkeit im Raum Zürich Ost freudig erwartet worden. Mit der Eröffnung des Grindelboulder in Bassersdorf am letzten Oktoberwochenende 2011 wurde diese Realität.

Da mein Jahresabo bei der oben genannten Konkurrenz gerade ausgelaufen war, bot es sich erst recht an, die nächste Session im Grindelboulder abzuhalten, und einen ersten Eindruck zu gewinnen. Um 18.15 Uhr betrat ich die fast leere Halle, nur gerade 2 Boulderer waren vor Ort. Das ist man sich anderswo nicht gewohnt. Der erste Eindruck ist aber bis auf die ungewohnte Leere positiv: hell, freundlich und geräumig.

Halle 2, d.h. der hintere Bereich, eher für die Fortgeschrittenen. Nicht sehr stark frequentiert um 20.15 Uhr.
Die Anlage verteilt sich auf 2 voneinander abgetrennte, durch einen kurzen Durchgang verbundene Hallen. Die erste, mit dem Eingangsbereich plus Bar und Bistro bietet vorwiegend senkrechte bis leicht überhängende Probleme und einen Kinderbereich. Es wurde eine Art Schloss gestaltet, an welchem gebouldert werden kann, bzw. gebouldert werden muss, um es zu entern.

Die zweite Halle enthält den interessanteren Bereich, welcher sich eher für die Fortgeschrittenen eignet. Hier sind alle Wandneigungen vorhanden, von dachartigen Grotten zu überhängenden Wänden bis zu betont senkrechten Platten gibt es alles. Im Vergleich zu anderen mir bekannten Boulderhallen gibt es insgesamt sehr vieles, was nicht besonders steil und athletisch ist. Beide Hallen haben eine angenehme Höhe von 6-7m, die Boulderwände sind durchgehend (geschätzte) 4.5m hoch.

Nochmals die hintere Halle, aus der andere Ecke fotografiert.
Die Boulder selbst sind mit einem 7-stufigen Farbsystem (gelb, grün, orange, blau, rot, weiss, schwarz) codiert. Der Hardmover-Bereich (ab 7A fb) beginnt mit den weissen Bouldern. Für viele ist es sicher erfreulich, dass über die Hälfte der geschraubten Boulder sich unterhalb von 6B ansiedelt, d.h. höchstens auf Stufe Blau ist - die meisten sogar weit darunter. Das habe ich in anderen Hallen eigentlich noch nie so erlebt, und für Anfänger sowie schwächer Bouldernde dürfte es das attraktivste Angebot weitherum sein.

Dafür ist das Angebot für die Cracks eher beschränkt. Natürlich gibt es auch da für einen Einzelbesuch eine vernünftige Auswahl, aber relativ und absolut gesehen ist es nicht so besonders viel. Allerdings ist an den Wänden noch viel Platz, d.h. die Boulder sind noch überhaupt nicht dicht geschraubt. Es hätte also noch viel Potenzial für harte Moves.

Schiffsbug in der vorderen Halle, mit vorwiegend +/- senkrechten Problemen
Mein Eindruck ist bis auf die eingeschränkten Möglichkeiten fortgeschrittenen Bereich positiv. Doch dieser Bericht wäre nicht komplett, würden nicht auch noch der aus meiner Sicht wesentliche Nachteil erwähnt: leider bestehen die Boulder weitgehend aus exakt denselben Griffmarken und -formen. Die weisse Kategorie (~7A fb) z.B. besteht eigentlich komplett aus einer Slopersortiment derselben Marke, die rote (~6BC fb) hingegen durchgehend aus sehr ähnlichen Crimps eines anderen (?) Brands. Dies sicher eine Reminiszenz an ein Startup-Unternehmen, welches nur beschränkte Mittel zum Beschaffen von Griffen hat.

Fazit: ich war sicher nicht das letzte Mal vor Ort, mein Stammlokal wird es aber nicht. Dafür spielen in erster Linie persönliche Gründe (v.a. Lage) eine Rolle, aber auch das Finanzielle ist nicht ausser Acht zu lassen: ein Jahresabo kostet 790 CHF, also gerade mal 150 CHF weniger als im Milandia/Gaswerk. Dafür bekommt man im Milandia einen Boulderbereich vergleichbarer Grösse, plus dazu natürlich noch das ganze Kletterangebot in den beiden Hallen. Den Einzeleintritt für 20 CHF finde ich zwar durchaus fair (mein Beitrag "Warum sind Kletterhallen so teuer?" erscheint später auf diesem Blog), dennoch werde ich mir diesen als bald wieder Konkurrenz-Abo-Besitzer wohl nur selten gönnen.

Kasse/Bistro und die senkrechte Wand in der vorderen Halle.

2 Kommentare:

  1. Klasse Beitrag, schön geschreiben, ich kann mich fast voll anschliessen.
    Bis auf den Preisunterschied beim Abo ( 309,-CHF nicht 150,- ) und die Griffformen in den härten Bereichen stimme ich zu.

    Dies war beim ersten Schrauben so. Mittlerweile ist schon 2 mal komplett neu geschraubt worden, die Anzahl der Routen hat deutlich zugenommen und es gibt noch eine neue Farbe für spezielle Routen. Ca alle zwei bis drei Wochen wir ein teil neu geschraubt.
    Campusboard und Lochbrett sind hinzugekommen und es wird an einer Trainingsstation im oberen Bereich gearbeitet.

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  2. Hallo Florian,

    Besten Dank für Deinen Kommentar!

    Gut zu hören, dass etwas läuft im Grindelboulder - man merkt und spürt, dass da initiative Leute am Werk sind. Sehr positiv finde ich auch, dass alle 2-3 Wochen ein Teil der Boulder umgeschraubt wird. So gibt es auch für regelmässige Besucher immer etwas Neues zu probieren. Dieser Modus des Umschraubens dürfte sich meiner Meinung nach gerne auch anderswo durchsetzen.

    Bezüglich Griffformen und Anzahl der Probleme stimme ich Dir gerne zu. Mein Besuch war unmittelbar nach der Eröffnung. Mir hat es bereits da Spass gemacht und ich meine, der Artikel gibt auch wieder, dass noch viel Potential vorhanden war. Tiptop, wenn das jetzt (noch) besser ausgenützt wird.

    Bezüglich dem Preisunterschied liegen wir irgendwie beide richtig. Stand März 2012 lese ich bei Grindelboulder 790 CHF als Preis fürs Jahresabo, im Milandia/Gaswerk sind es 934 CHF, wenn man Mitglied (oder zumindest Zusatzmitglied) bei SAC Uto oder Manegg ist. Für viele Kletterer aus der Region trifft dies zu, so auch für mich, damit ist die Differenz halt bloss 144 CHF. Der volle Preis beträgt aber tatsächlich 1099 CHF, und ergibt eine Differenz von 309 CHF.

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